...und seine Auswirkungen auf die Logistik- und Transportbranche
Das neue Lieferkettengesetz – offiziell „Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz“ (kurz: LkSG) – welches 2023 in Kraft tritt, bedeutet weitreichende Veränderung für die Logistik. Ziel des Gesetzes ist es, die Einhaltung von grundlegenden Menschenrechts- und Umweltstandards in Lieferketten zu verbessern. Damit tragen Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern (ab 2024 ab 1.000 Mitarbeitern) die Verantwortung, auf die Wahrung dieser Standards in ihren Lieferketten zu achten. flicono.com klärt auf.
Welche Regelungen treten mit dem neuen Lieferkettengesetz in Kraft?
„Corporate Social Responsibility“, also die Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft (nicht nur auf nationaler, sondern auch auf globaler Ebene), ist ein enorm wichtiger Aspekt in der Wirtschaft. Hierdurch wird nicht nur die Würde der Menschen gerade in weniger entwickelten Ländern gewahrt, sondern ebenfalls Umwelt und Klima geschützt. Damit einhergehende Schlagwörter sind beispielsweise „Fair Trade“ oder „Nachhaltige Produktion“. Lange waren diese menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten rechtlich nicht klar definiert. Die Politik versuchte es zunächst mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Wirtschaft. Doch diese brachte letztlich nicht den großen Durchbruch, sodass von Sozial- und Umweltorganisationen ein Paradigmenwechsel eingefordert wurde. Das 2023 in Kraft tretenden Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz soll demnach als Game-Changer gerade in großen Konzernen fungieren.
Das neue Lieferkettengesetz führt verbindliche Vorgaben für Unternehmen ein, menschen- und arbeitsrechtliche sowie umweltbezogene Schutzmaßnahmen in ihren Strukturen und Prozessen entlang der gesamten Lieferkette (vom Rohstoff bis hin zum fertigen Produkt) zu realisieren. Somit schafft es Rechtssicherheit bezüglich dieser Belange und bietet Firmen eine nötige Orientierung bei der Wahrung ihrer Sorgfaltspflichten. Die Anforderungen sind hierbei abgestuft und richten sich nach Schwere der Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden sowie dem Einflussvermögen, das Unternehmen auf diese haben. Die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen wird von Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) über Geschäftsberichte und eventuelle Beschwerden kontrolliert. Werden Verstöße festgestellt, müssen Firmen diese beheben. Ansonsten drohen Geldbußen sowie der Ausschluss vom (internationalen) Beschaffungsmarkt.
Um Menschenrechte und Umweltschutz zu gewährleisten, müssen Firmen auf verschiedene Weise tätig werden. Vorrangig gilt es, Präventivmaßnahmen zu realisieren, um von vornherein angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen sowie Umweltschäden zu vermeiden. An erster Stelle steht also ein wirksames Risikomanagement im eigenen Betrieb sowie im Geschäftsumfeld, etwa hinsichtlich der Zulieferer. Abgestuft betrifft dies alle Lieferanten bis hin zum Rohstoffproduzenten. Werden Menschenrechtsverstöße festgestellt (etwa Zwangs- oder Kinderarbeit, Diskriminierung, Verbot der Vereinigungsfreiheit oder kontroverse Arbeits- sowie Anstellungsverhältnisse), so ist die Geschäftsbeziehung mit dem Zulieferer fortan zeitweilig oder gänzlich zu unterbinden.
Auch einige umweltbezogene Pflichten werden nun gesetzlich geregelt, etwa die Minimierung von Schadstoffausstößen, die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Schadstoffen sowie der Schutz von Boden, Wasser und Luft im Hinblick auf menschenrechtliche Vorgaben.
Was verändert sich durch das neue Lieferkettengesetz für Logistiker und Spediteure?
Das neue Lieferkettengesetz wird großen Einfluss auf sämtliche Akteure der Lieferkette nehmen. Hierzu zählen nicht nur die produzierenden Unternehmen sowie deren unmittelbare und zum Teil auch mittelbare Zulieferer, sondern ebenfalls Transportunternehmen wie Spediteure und Kurier-, Express- und Paketdienste. Schließlich sind Firmen dazu verpflichtet, jeden Schritt der Supply Chain zu überprüfen. Dies schließt nicht nur die Förderung von Rohstoffen sowie die Fertigung von Bauteilen, sondern ebenfalls die Beförderung von Gütern mit ein. Logistiker und Transportdienste müssen also ebenfalls die menschen- und arbeitsrechtlichen Erwartungen ihrer Geschäftspartner erfüllen. Hierfür werden aller Wahrscheinlichkeit nach Verträge überarbeitet und neue Zusicherungen hinzugefügt. Zudem ist es erforderlich, Kontrollmechanismen einzuführen, um angemessene Arbeitsbedingungen und einen ausreichenden Arbeitsschutz zu gewährleisten. Dafür sind gegebenenfalls Schulungen und Weiterbildungen der Mitarbeiter in Transportunternehmen vonnöten. Langfristig werden sicher auch umweltbezogene Aspekte in die Handlungsvorgaben einfließen, die eine weniger umweltschädliche Beförderung von Gütern voraussetzen (teils elektrische Flotte, Optimierung von Frachtraum, Alternativen zu umweltbelastender Schiff- und Luftfahrt, usw.).
Anders als die direkt dem Gesetz unterliegenden Unternehmen fallen die Sanktionen für Lieferanten und Transportunternehmen bei Nichteinhaltung des neuen Lieferkettengesetzes jedoch weniger gravierend aus. So können sie beispielsweise nicht mit Bußgeldern belangt oder vom öffentlichen Auftragsmarkt ausgeschlossen werden. Verstöße gegen die Sorgfaltspflichten werden höchstwahrscheinlich dennoch sanktioniert – und zwar in Form von Vertragsstrafen durch die belieferten Unternehmen. So ist es gut möglich, dass Geschäftsbeziehung bis zur Korrektur der im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes festgestellten Verletzungen ausgesetzt oder bestimmte Firmen bei der Vergabe von Aufträgen vorerst nicht mehr in Betracht gezogen werden.
Allerdings bietet das neue Lieferkettengesetz auch Chancen für zuliefernde Firmen sowie die Transportbranche. Dienstleister können von vornherein explizit versichern, dass sie den Anforderungen im Hinblick auf Arbeits- und Umweltschutz gerecht werden und Unternehmen, die mit ihnen kooperieren, keine Komplikationen hinsichtlich ihrer neuen Sorgfaltspflichten zu befürchten haben. Dies kann sich positiv auf die Neukundenakquise auswirken sowie Vorteile hinsichtlich der Berücksichtigung bei der Vergabe neuer Aufträge durch Bestandskunden haben. Hier ist ein Umdenken in den Geschäftsprozessen äußerst hilfreich: Mehr freiwillige Transparenz kann so zum „Verkaufsargument“ werden und Vertragsabschlüsse befördern. Eine Digitalisierung der Transportbranche bietet dafür die beste Basis, denn so lassen sich Daten zu Arbeitszeiten, Transportwegen und auch dem damit verbundenen Kraftstoffverbrauch auswerten und mit den Geschäftspartnern – beispielsweise über einen Clouddienst – teilen.
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